2. Ausspracheprobleme: Können Sie helfen ?

Ausspracheprobleme in einer Fremdsprache zerfallen in zwei große Gruppen: Schwierigkeiten bei der Artikulation, die zu phonetischen Fehlern führen, und andererseits Schwierigkeiten mit ungewohnten Lautfolgen auch bei unproblematischen Einzellauten; letztere würde man wohl als phonologische Probleme auffassen. Bei beiden spielt die Ausgangssprache – in aller Regel wird das die Muttersprache sein – die entscheidende Rolle. Dieser Abschnitt befasst sich nun zunächst mit der Artikulation. (Man beachte, dass bei manchen Fragen durchaus mehrere der angebotenen Antworten richtig sein können.)

2.01 Den meisten ausländischen Lernern erscheint das deutsche [R] als einer der schwierigsten Laute; viele artikulieren es an einer falschen Stelle. Welche der angebotenen Lösungsmöglichkeiten entspricht der korrekten Reihenfolge der Laute gemäß ihrer Artikulationsstelle von hinten —> vorn?

1)  [d] [j] [b] [h] [R]
2)  [j] [R] [h] [b] [d]
3)  [b] [d] [h] [j] [R]
4)  [h] [R] [j] [d] [b]

2.02 Ein zweites Problem bei der Artikulation des deutschen R besteht darin, dass der mit dem Buchstaben R geschriebene Laut selbst in der dt. Standardaussprache unterschiedlich realisiert wird. Hierauf bezieht sich die nächste Aufgabe: Markieren Sie jedes der folgenden Wörter in genau einer der vier Gruppen, und zwar so, dass in der ersten diejenigen Wörter markiert sind, in denen das R am deutlichsten artikuliert wird, und in der letzten diejenigen, in denen es am schwächsten zu hören ist. (Orientieren Sie sich im Zweifelsfall nicht an der Hochsprache, sondern an dialektfreier Umgangssprache.)

Zur Kontrolle: Bei richtiger Lösung ist die Zahl der Buchstaben in allen 4 Gruppen die gleiche.

1)  Poltergeist
2)  Argument
3)  klar
4)  Rahmen
5)  Amateur
6) war
7) besser
8) nur
9) Krach
10) Moral
11) Vater
12) geworfen
13) Bier
14) Nachbar
15) Kragen
1)  Poltergeist
2)  Argument
3)  klar
4)  Rahmen
5)  Amateur
6) war
7) besser
8) nur
9) Krach
10) Moral
11) Vater
12) geworfen
13) Bier
14) Nachbar
15) Kragen
1)  Poltergeist
2)  Argument
3)  klar
4)  Rahmen
5)  Amateur
6) war
7) besser
8) nur
9) Krach
10) Moral
11) Vater
12) geworfen
13) Bier
14) Nachbar
15) Kragen
1)  Poltergeist
2)  Argument
3)  klar
4)  Rahmen
5)  Amateur
6) war
7) besser
8) nur
9) Krach
10) Moral
11) Vater
12) geworfen
13) Bier
14) Nachbar
15) Kragen

2.03 Auch der <ng> geschriebene Laut des Deutschen bereitet vielen Ausländern Schwierigkeiten, und er wird dann oft durch [n] ersetzt. Welche als Hilfestellung gedachten Hinweise zur Artikulation des <ng>-Lautes im Gegensatz zu [n] sind von der Sache her richtig?

1)  Üb es am besten zuerst, indem Du Dir die Nase zuhältst.
2)  Schau zur Kontrolle in den Spiegel; den Unterschied zwischen <an> und <ang> kann man sehen !
3)  Wenn Du <ng> sprichst, sollte keine Luft mehr durch den Mund nach außen gelangen.
4)  Bei <ng> soll die Zungenspitze unten bleiben.

2.04 Das deutsche Z ist, besonders am Wortanfang, für viele Ausländer nicht leicht zu sprechen; oft wird es durch ein stimmloses S ersetzt (SEITUNG statt ZEITUNG, aber auch SCHWEIß statt SCHWEIZ). Um hier weiterhelfen zu können, muss man sich vergegenwärtigen, wie wir das Z artikulieren. Von den folgenden Aussagen stimmt allerdings nur eine; welche ist es?

1)  Artikulatorisch besteht das Z aus einem [ t] -Verschluss, bei dem die Zungenspitze hinter den unteren Schneidezähnen liegt, und einem Zischlaut [ s] , zu dessen Bildung die Zungenspitze zurückgezogen werden muss.
2)  Ja, man kann das Z artikulatorisch als [ ts] bezeichnen, aber Verschluss- und Zischlaut werden an der gleichen Stelle gebildet; die Zungenspitze kann, muss aber nicht hinter den unteren Schneidezähnen liegen.
3)  Ja, Z wird [ ts] gesprochen, aber der [ t] -Verschluss wird am Zahndamm gebildet und aus dieser Position wird die Zungenspitze zur Bildung des [ s] -Lautes nach hinten gerollt ("retroflexes S").
4)  Nein, der Buchstabe <z> bezeichnet im Deutschen einen eigenständigen Laut (Affrikat) und lässt sich auch artikulatorisch nicht als [ ts] darstellen.

2.05 Für die richtige Aussprache der deutschen Vokale spielt die Unterscheidung von gerundeten (d.h. mit gerundeten Lippen artikulierten) und ungerundeten eine relativ große Rolle. Welches der folgenden Wortpaare unterscheidet sich lautlich praktisch nur dadurch, dass eins von ihnen einen gerundeten, das andere dafür einen ungerundeten Vokal enthält?

1)  mochte / machte
2)  worden / wurden
3)  können / kennen
4)  weg / Weg
5)  vor / für

 

2.06 Für die richtige Aussprache der Konsonanten spielt wohl die Artikulationsstelle die größte Rolle. Als Muttersprachlern ist uns diese natürlich nicht ohne Weiteres bewusst; für den Unterricht aber kommen wir kaum umhin, sie uns bewusst zu machen. Wählen Sie für die Konsonanten [ d ] ,[ f ] ,[ ç ] , [ § ] und [ m ] aus der folgenden Liste die jeweils passende Artikulationsstelle aus.

[ d ]
1)  Oberlippe und Unterlippe
2)  Obere Schneidezähne und Unterlippe
3)  Obere Schneidezähne und Zungenrand
4)  Vorderer Gaumen und Zungenrücken
5)  Vorderer Gaumen und Zungenspitze

[ f ]
1)  Oberlippe und Unterlippe
2)  Obere Schneidezähne und Unterlippe
3)  Obere Schneidezähne und Zungenrand
4)  Vorderer Gaumen und Zungenrücken
5)  Vorderer Gaumen und Zungenspitze

[ ç ]
1)  Oberlippe und Unterlippe
2)  Obere Schneidezähne und Unterlippe
3)  Obere Schneidezähne und Zungenrand
4)  Vorderer Gaumen und Zungenrücken
5)  Vorderer Gaumen und Zungenspitze

[ § ]
1)  Oberlippe und Unterlippe
2)  Obere Schneidezähne und Unterlippe
3)  Obere Schneidezähne und Zungenrand
4)  Vorderer Gaumen und Zungenrücken
5)  Vorderer Gaumen und Zungenspitze

[ m ]
1)  Oberlippe und Unterlippe
2)  Obere Schneidezähne und Unterlippe
3)  Obere Schneidezähne und Zungenrand
4)  Vorderer Gaumen und Zungenrücken
5)  Vorderer Gaumen und Zungenspitze

2.07 Deutsch besitzt im Gegensatz zu vielen anderen Sprachen kein [ w ], und die Aussprache [ w ] statt [ v ] kennzeichnet oft den ausländischen Akzent. Worin unterscheiden sich die beiden Laute artikulatorisch?

1)  [ w ] ist stimmhaft, [ v ] nicht.
2)  Artikulatorisch unterscheiden sie sich gar nicht.
3)  [ w ] wird mit Ober- und Unterlippe gebildet, [ v ] mit den oberen Schneidezähnen und der Unterlippe.
4)  [ w ] wird mit Ober- und Unterlippe gebildet, [ v ] mit den unteren Schneidezähnen und der Oberlippe.

2.08 Manche Sprachen kennen keinen systematischen Unterschied zwischen /l/ und /n/, was über Interferenz zu Artikulationsproblemen im Deutschen führen kann (VOLL etwa klingt dann wie VON oder umgekehrt). Welcher der folgenden Hinweise wird hier am ehesten nützlich sein?

1)  [l] ist ein stimmhafter Konsonant, [n] nicht; man kann den Unterschied spüren, wenn man einen Finger an den Kehlkopf legt.
2)  Bei [l] berührt die Zunge die oberen Schneidezähne, bei [n] berührt sie den Zahndamm.
3)  Umgekehrt: Bei [n] berührt die Zunge die oberen Schneidezähne, bei [l] den Zahndamm.
4)  Bei [l] berührt nur die Zungenspitze den Zahndamm – oder die Zähne, das ist egal –, bei [n] der ganze vordere Zungenrand.

2.09 Viele Deutschlerner sprechen [x] wie in <Bach> auch an der Stelle von [ç] , also z.B. in dem Wort <ich>. Welche zwei der hier genannten Unterschiede treffen zu?

1)  [ç] wird weiter vorn im Mund artikuliert als [x] .
2)  [x] wird ungefähr an der gleichen Stelle artikuliert wie [R] , [ç] etwa an der gleichen Stelle wie [j].
3)  Bei [ç] liegt die Zungenspitze hinter den unteren Zähnen, bei [x] ist das nicht der Fall.
4)  [ç] ist stimmhaft, [x] ist stimmlos.

2.10 Beobachten Sie Ihren Kollegen X: Er hat die Angewohnheit, seinen Studenten die Aussprache deutscher Wörter zu verdeutlichen, indem er sie ihnen manchmal nicht in der üblichen Orthographie, sondern in einer vereinfachten Lautschrift anschreibt, für die er einfach Großbuchstaben verwendet. Welche der folgenden Varianten trifft wohl am sinnfälligsten die in der Umgangssprache übliche Aussprache von "Guten Tag"?

1)  GUUTN THAAK
2)  GUTN TAAG
3)  GUUTEN THAG
4)  GUUTEN TAAG
5)  GUTEN TAAK
6)  GUUTN TAKH


2.11 Auch in Lexika finden sich z.T. noch Ausspracheangaben, die nicht die tatsächliche Aussprache der deutschen Laute wiedergeben und dadurch Lerner auf eine falsche Fährte setzen. Welche der hier zitierten Angaben enthalten solche Fehler?

1)  Auto [´auto]
2)  Bahn [ba:n]
3)  kein [kain]
4)  so [zo:]
5)  Tag [ta:g]
6)  Wand [vant]
7)  Zwirn [tsviRn]
8)  Zoo [tso:]

2.12 Zahlwörter sind schwer zu verstehen, sobald es sich um mehrstellige Zahlen handelt – das geht uns ja in fremden Sprachen nicht anders. Deutschlerner empfinden besonders den Unterschied zwischen "83" und "380", zwischen "45" und "540" usw. in der Umgangssprache als verwirrend klein – verständlicherweise: Sogar in ihrer schriftlichen Form haben die Wörter mehr Gemeinsames als Trennendes: FÜNF(H)UND(ERT)VIERZIG. Die Verschleifungen, die wir in der Umgangssprache vornehmen, die aber meist im Unterricht nicht vermittelt werden, verstärken die Verwirrung noch. Welcher von den folgenden vier Vorschlägen erscheint Ihnen für ein Verstehen der Umgangslautung am ehesten brauchbar?

1)  Achten Sie auf das H von HUNDERT: in "540" ist es deutlich zu hören.
2)  Achten Sie auf die Silbe -DERT ([dat]) : in "540" ist sie deutlich zu hören.
3)  Achten Sie auf den Knacklaut am Anfang von UND: in "45" ist er deutlich zu hören.
4)  Achten Sie auf das D von UND (gesprochen als [t], wegen Auslautverhärtung): in "45" ist es deutlich zu hören.