Forschung

Mein zentraler Forschungsschwerpunkt ist die Variations-/Varietätenlinguistik. Hierbei interessiert mich zum einen der strukturelle Bereich, also die lexikalische, morphologische und syntaktische Variation deutscher Dialekte. Zentral ist dabei die Dialektsyntax, deren Variation und Wandel ich insbesondere in Sprachkontaktsituationen untersuche. Ich versuche dabei immer variationslinguistische und generative Arbeitsmethoden zu verbinden. Zum anderen beschäftige ich mich mit soziolinguistischen Fragestellungen, zum Beispiel mit den Attitüden von Sprechern zu ihrer und zu anderen Varietäten. Folgende große Forschungsprojekte habe ich bisher durchgeführt beziehungsweise führe ich gerade durch

 

Morphosyntaktische Rara im Pommerschen Brasiliens

Die Verbsyntax des Pommerschen Brasiliens, zum Beispiel das rarum der verbalen Doppelbesetzung der linken Satzklammer in Sätzen wie jestern hät küüt ik de Fingerring forköft hat häwa (‘Gestern hätte ich den Ring verkaufen können’) stehen im Mittelpunkt dieses Projekts. Schon hier zeigen sich neben der in kontinentalwestgermanischen Varietäten sonst nicht belegten Doppelbesetzung der linken Satzklammer zwei weitere morphosyntaktisch aufschlussreiche Phänomene, nämlich die Blo­ckierung der Kongruenz (3.PS Präsens hät statt 1.PS Präteritum haar) und die satzfinale Doppe­lung hat häwa. Als Datengrundlage dienen neben etwa 17.500 Übersetzungen (61 aus dem Portugiesi­schen ins Pommersche übersetzte Stimuli / bisher 291 Informant/inn/en aus Rio Grande do Sul, Santa Catarina, Esíprito Santo und Rondônia; zusätzlich 11 Informant/inn/en aus Wisconsin, USA) Aufnahmen von bisher 17 Stunden freier Gespräche. Abgesehen von der Markierung von Kontrafaktiva kön­nen anhand dieser Daten das Verhalten von tun als Auxiliar, die Serialisierung in Verbclustern, Kasussynkretismen, ein möglicher Wandel von OV zu VO, die vorhandene phonetische Variation und die Häufigkeit und Form portugiesischer Lehnwörter in den Fokus genommen werden.

 

Variation von Tür und Türe

In diesem 2007 und 2008 durchgeführten Projekt habe ich die Verteilung von über 5.000 Token der Wortformen Tür/Stirn und Türe/Stirne im Prosawerk von dreizehn Dichtern des 19. und 20. Jahrhunderts untersucht.

 

Verbsyntax im Mennonitenplautdietschen

Zwischen 1999 und 2002 habe ich Interviews mit 321 Mennonitinnen und Mennoniten aus sechs Kolonien in Nord- und Südamerika durchgeführt (USA, Mexiko, Bolivien, Paraguay, Brasilien). Neben soziolinguistischen Fragen beinhalteten die Interviews die Übersetzung von 46 Stimulussätzen aus dem Englischen, Spanischen beziehungsweise Portugiesischen ins Plautdietsche. Die fast 15.000 übersetzten Sätze, die im IDS-Archiv für Gesprochenes Deutsch zugänglich sind (vgl. http://agd.ids-mannheim.de/MEND_extern.shtml), stellen eine einmalige und weitgehend vergleichbare Datengrundlage dar. Meine 2016 abgeschlossene Habilitationsschrift "The World Beyond Verb Clusters: Aspects of the Syntax of Mennonite Low German" befasst sich zentral mit der Beschreibung und Erklärung verschiedener Abfolgen verbaler und non-verbaler Elemente in satzfinalen Verbclustern und setzt diese mit anderen syntaktischen Phänomenen wie der Einbettungstiefe von Nebensätzen in Beziehung.

 

Sprach- und Sprecherkontakt an den Grenzen von Südbrasilien, Argentinien und Uruguay

Dieses zwischen 1998 und 2001 durchgeführte Projekt hat als empirische Basis etwa 600 schriftliche soziolinguistische Interviews mit Schülern aus sechs brasilianischen, vier uruguayischen und zwei argentinischen Grenzstädten. Es geht dabei insbesondere um die Attitüden zu beiden Kontaktsprachen und Kontaktgruppen und um die Kompetenz in der Sprache der jeweils anderen Seite (Spanisch für Brasilianer; Portugiesisch für Argentinier und Uruguayer). Eine zentrale Frage ist, ob und wie diese Kompetenz mit Attitüden und anderen außersprachlichen, insbesondere geographischen Faktoren zusammenhängt.

 

Varietätendynamik bei Mennoniten in Mexiko und den USA

Diese 1993 und 1994 erhobenen soziolinguistischen Daten wurden dazu benutzt, die Gruppen- und Sprachattitüden von 139 nordamerikanischen Mennoniten mit ihrem sprachlichen Verhalten in Beziehung zu setzen. Aus diesem Projekt stammt meine 1997 publizierte Promotion "Varietätendynamik in Sprachkontaktsituationen: Attitüden und Sprachverhalten rußlanddeutscher Mennoniten in Mexiko und den USA".

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