Hilfestellungen für das wissenschaftliche Arbeiten im Studium: Wie halte ich ein gutes Referat?

Welche Bedeutung haben Referate für die wissenschaftliche Ausbildung an der Universität?
Denken Sie bitte kurz darüber nach.

Aus unserer Sicht haben Referate drei wesentliche Funktionen:

Die Scheinfunktion
·Referate sind eine etablierte Form des Leistungsnachweises an der Universität, d.h. sie haben de facto eine Bedeutung in Ihrem Studium zur Erlangung von Scheinen.
Die Lernfunktion 
·Sie lernen und üben, einen bestimmten Lernstoff eigenständig zu erarbeiten, zusammenzufassen, zu beurteilen.
·Darüber hinaus lernen Sie, Ihr Wissen zu präsentieren. Die mündliche Präsentation eines Inhaltes ist eine Fertigkeit, die Sie in Ihrem Leben nach der Uni häufig brauchen werden. Für die Arbeit in der Schule liegt das ebenso auf der Hand wie für eine Laufbahn an der Universität und im Wissenschaftsbetrieb. Darüber hinaus ist es eine wichtige Fähigkeit im Geschäftsleben, bei der Präsentation eines Konzeptes in einer Arbeitsgruppe, in der Politik, generell in Teamarbeitsformen etc.
·Referate sind in der Regel die Vorarbeit zur schriftlichen Hausarbeit, die wiederum ist eine Vorarbeit zur Staatsexamensarbeit/Magisterarbeit – zum Geschäftsbericht – zu einer Reportage .... – oder natürlich zur Doktorarbeit – Habilitation – Wissenschaftlichen Veröffentlichung.
·Ein positiver Effekt dieser Vorarbeit ist, dass Sie hier die Möglichkeit haben, sich auszuprobieren, Thesen aufzustellen und zu verteidigen, Ihre Argumentation zu testen und evtl. Anregungen vom Publikum aufzunehmen. Es ist deshalb sinnvoll, sich eine Rückmeldung auf das Referat zu holen, in jedem Fall von der Dozentin/ dem Dozenten, aber besonders auch von dem Kommiliton/innen, denn diese sind Ihr Hauptpublikum. Mein Vorschlag: Feedbackbogen ((Klick für Bsp. Feedbackbogen))

Die Lehrfunktion

·Referate haben nicht nur eine Lern-, sondern auch eine wichtige Lehrfunktion für die Zuhörer/innen. Ein Großteil universitärer Lehre wird über Referate vollzogen. Es ist deshalb ein direkter Beitrag zur Verbesserung der Qualität der Lehre, wenn Sie lernen, gute Referate zu halten.

Aber: Gutes Referieren kann man lernen und sollte man üben!

Vor dem Referat steht zunächst einmal die Erarbeitung des Themas, vgl. dazu (Klick zu Exzerpieren mit der SQ3R-Methode))

Zur Gliederung eines Referates

Ein Referat hat – wie vieles im Leben – eine Einleitung, einen Hauptteil, und einen Schluss.

!Eine gute Gliederung und eine klare Struktur sind das A&O eines gelungenen Referats und einer guten Hausarbeit!
1. Die Einleitung

Einstieg: 

Ein guter Einstieg ist wichtig. Es gibt verschiedene Techniken:

-mit einem Beispiel (eine altbewährte Technik...)

-die Zuhörenden Hypothesen über einen Aspekt des Themas bilden lassen...

-eine Frage stellen, die die Zuhörenden ermuntert, nachzudenken „Was glauben Sie/Was glaubt ihr...“

-an Alltagserfahrungen anknüpfen...

-eine „Story“ präsentieren...

-eine Behauptung aufstellen...

-etc.

Sehen Sie sich als „Reporter der Wissenschaft“, sie haben etwas Wichtiges und Interessantes zu berichten. Wenn Ihr Thema oder der Text Sie nicht interessieren, sollten Sie vielleicht mit der/dem Seminarleiter/in sprechen und ein anderes Thema vereinbaren. Ein Referat, das mit „ja, eigentlich weiß ich auch nicht, was der Text soll oder die Autoren meinen“ beginnt (oder in dem Ähnliches nonverbal zum Ausdruck kommt), sollte wohl besser gar nicht erst gehalten werden. Wenn Sie nicht deutlich machen, was das Interessante, Relevante, Wichtige ihres Referates ist, vergeuden Sie nicht nur Ihre, sondern auch die Zeit der anderen.

Fragestellung des Referates vorstellen

Stellen Sie den bearbeiteten Text oder das Thema vor und erläutern Sie die Fragestellung, unter der Sie ihn/es bearbeitet haben.
Achtung: ein Thema ist noch keine Fragestellung! 
Jeden Text und jedes Thema bearbeitet man unter speziellen Fragestellung, d.h. wenn Sie ein Referat zum Thema Zweitspracherwerb halten, könnten ihre Leitfragen z.B. lauten: Welche Erklärungsmodelle gibt es für den Zweitspracherwerb? und/oder: Was ist der Unterschied zum Erstspracherwerb? Am Ende des Referates sollten ihre Zuhörer/innen die Antworten auf die Leitfragen erhalten haben und vor allem: behalten können.

Ordnen Sie das Thema in einen größeren Zusammenhang ein, z.B. in den Seminarzusammenhang. Wieso dieses Thema jetzt? Wo besteht ein Zusammenhang mit bereits behandelten Inhalten? Welche Themen schließen sich daran an? (Dieser Schritt ist wichtig und setzt eine Arbeit voraus, die Sie bei der Vorbereitung machen sollten: die Zuhörer/innen einzuschätzen und zu überlegen, an welchem Wissen Sie anknüpfen und was diese durch das Referat lernen sollen!)

Gliederung vorstellen und den weiteren Verlauf des Referates ankündigen (evtl. auf Folie und zwischendurch u.U. mehrmals wieder auflegen)

2. Der Hauptteil

Ein Referat ist keine schriftliche Textgattung, es wird nicht vorgelesen, sondern möglichst frei vorgetragen. Bei der Referatsvorbereitung müssen Sie an zwei Dingen arbeiten: was sie sagen und wie sie es sagen, also Inhalt und Form. Beides verlangt Vorbereitung und das Vortragen sogar noch etwas darüber hinaus: Es sollte geübt werden!

Einige Hinweise:

·Inhalt: Das Referat sollte eine sinnvolle Strukturierung und eine klare Gliederung haben. Geben Sie während des Vortrags „Regieanweisungen“ (z.B. die Folie mit den Gliederungspunkten zwischendurch erneut auflegen)

·Form: Verwenden Sie eine für das flüchtige Hören leicht verständliche Sprache. (Die Erfahrung macht leider auch diesen Rat notwendig: Nicht die Hände vor den Mund nehmen, laut und deutlich sprechen, Blickkontakt mit dem Publikum halten, beim Sprechen den Zuhörenden nicht den Rücken zukehren (beim Anschreiben an die Tafel möglichst nicht gleichzeitig erklären usw.)

·Erklären Sie Fachbegriffe (aber nur die notwendigen)

·Markieren Sie argumentative Wendepunkte deutlich, das erleichtert das Verständnis

·Paraphrasieren Sie und fassen Sie ruhig zwischendurch zusammen. Denn Ihre Zuhörer/innen hören von Ihrem Text/Thema wahrscheinlich zum ersten Mal, d.h. alles ist neu und muss daher erst "verankert" werden.

·Halten Sie kritische Distanz. Kritik am Text darf erwähnt werden, aber zu gegebener Zeit, z.B. gegen Ende des Referates in einer kritischen Einschätzung.

3. DerSchluss

Hier sollten Sie den Bogen schlagen zur eingangs aufgeworfenen Fragstellung. Die Leitfragen sollten kurz wiederholt werden und die Antworten, die das Referat darauf gegeben hat, sollten kurz zusammengefasst werden. Auch können Sie an dieser Stelle auf weiterführende Fragen verweisen. Es gilt: keine Angst vor Wiederholungen, sie sind eine wesentliche Lehrtechnik.

Im Schlussteil sollten sie kurz und prägnant das wiederholen oder zusammenfassen, was ihre Kommiliton/innen in drei Wochen noch behalten haben sollten.

Je stärker Sie sich in das Thema eingearbeitet haben, umso leichter fällt Ihnen auch sicher ein Ausblick auf weitere Fragestellungen, die sich an Ihr Thema anschließen könnten. Auch das gehört in den Schluss.

Einige allgemeine Hinweise zum Abschluss:

Es ist wichtig, die Zeit richtig zu kalkulieren!Solange Ihnen die langjährige Erfahrung fehlt, müssen Sie das Referat vorher im stillen Kämmerlein halten und dabei die Zeit nehmen. Und da es dann im Einsatz meistens doch länger dauert, sollten Sie schon vorher Passagen kennzeichnen, die Sie wegfallen lassen können, falls die Zeit knapp wird. (Das müssen die Zuhörenden gar nicht bemerken!)

Ein weiteres Anliegen: Seien Sie innovativ und probieren Sie neue Lehrformen aus. Vermeiden Sie stupides Vortragen! Das ist zwar ausgesprochen verbreitet, aber wenig effektiv, widerspricht es doch allen Erkenntnissen der Lernpsychologie. Unterstützen Sie Ihre Ausführungen sinnvoll durch Hilfsmittel wie z.B. :

Folien = Überlegen Sie genau, welche Informationen sich für die Darstellung auf Folien eignen (oder besser ins Handout passen oder an die Tafel). Vor allem muss bei jeder Folie klar sein, ob sie abgeschrieben werden sollte oder nicht. Wenn ja, räumen Sie genügend Zeit dafür ein. Wenn Sie eine Folie auflegen, beziehen Sie sich in ihrem Vortrag darauf. Nehmen Sie sie herunter, sobald der Punkt abgeschlossen ist, so vermeiden Sie, dass die Aufmerksamkeit des Publikums zwischen der Folie und dem Vortrag hin- und hergerissen ist. Auf jeden Fall sollte der Schriftgrad mindestens 18 pt (oder mehr) betragen.

Handout = ein Handout enthält alle Informationen, die sie Ihren Zuhörern mitgeben wollen oder die sie für ihren Vortrag benötigen, falls sie keine Folien vorbereitet haben, z.B. Transkriptbeispiele, Zahlen & Daten, Literaturangaben, Quellen, Literatur, Fachbegriffe, Datenbeispiele, Definitionen, die Gliederung etc.

Thesenpapier= auf einem Thesenpapier werden knapp und pointiert die zentralen Thesen des Referats vorgestellt (max. 2 Seiten).

Sowohl Thesenpapier als auch Handout sollten enthalten:
·Name der Referentin/ des Referenten
Fragen Sie sich jetzt:

Wie soll ich diesen Berg von Anforderungen jemals bewältigen?? 

Diese Ausführungen sollten keine Anforderungen, sondern Hilfestellungen und Anregungen formulieren. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen! Vielleicht gelingt es Ihnen nicht sofort, alle Anregungen zu berücksichtigen, wichtig ist vor allem, dass Sie an Ihrer Vortragstechnik feilen und sich verbessern wollen.
Und ein letzter Hinweis: Jeder, ob geübte Rednerin oder Anfänger, ist vor einem Vortrag (mehr oder weniger) nervös. Selbst erfahrenste Professor/innen bekommen bei Vorträgen auf Fachtagungen rote Flecken am Hals. Lassen Sie sich nicht entmutigen: Mit zunehmender Übung verringert sich die Nervosität und wächst die Sicherheit! Berücksichtigen Sie auch folgendes: Die wichtigste Quelle für sicheres Auftreten bei einem Referat aber liegt in Ihrem Einflussbereich: eine gute Vorbereitung!